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Hybrid-Training: So kombinierst du optimal Kraft & Ausdauer

Geschrieben von Timo Tekolf | 07.05.2025

Hybrid-Training: Effektiv Ausdauer und Kraft kombinieren

Hybrid-Training boomt – und HYROX hat diesen Trend massiv mitgeprägt. Die Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining in einem Wettkampf-Format hat tausende Athleten motiviert, vielseitiger zu trainieren. Kein Wunder: Wer bei HYROX performen will, braucht viele unterschiedliche Fertigkeiten – Explosivität, Kraft und Ausdauer. Hybrid-Training ist die Antwort auf diese Herausforderung. Außerdem ist die Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining eine wichtige Variable für Longevity. 

In diesem Artikel zeigen wir dir, wie du beides intelligent kombinierst – ohne mögliche Interferenz-Effekte im Kraft- & Ausdauertraining zu generieren.

Gut zu wissen: Der Interferenz-Effekt (auch: Concurrent Training Effect) beschreibt den potenziellen Zielkonflikt, der entstehen kann, wenn du Krafttraining und Ausdauertraining gleichzeitig trainierst – also genau das, was im Hybrid-Training gemacht wird.

1. Was ist hybrides Training?

Hybrides Training kombiniert gezielt Krafttraining und Ausdauertraining in einem strukturierten Trainingskonzept. Ziel ist es, gleichzeitig Muskeln und Kraft aufzubauen, als auch die kardiovaskuläre Leistungsfähigkeit zu verbessern. Besonders beliebt ist hybrides Training bei Functional-Fitness Athleten, im HYROX und bei Menschen, die einen vielseitig leistungsfähigen und gesunden Körper entwickeln möchten.

Durch eine smarte Trainingsplanung werden Muskelaufbau, Fettverbrennung und Ausdauer nachhaltig gefördert – ohne sich gegenseitig zu behindern. Allerdings gibt es dabei einige wichtige Variablen zu berücksichtigen, um mögliche Interferenzen zwischen Kraft und Ausdauer so minimal zu halten wie es geht. 

Was ist der Interferenz-Effekt?

Der Interferenz-Effekt beschreibt ein Phänomen im Sportwissenschafts- und Trainingskontext, bei dem sich gleichzeitiges Kraft- und Ausdauertraining gegenseitig in ihrer Wirkung beeinflussen können. Wenn beides parallel trainiert wird (z. B. im Hybrid-Training), kann es dazu kommen, dass sich die Anpassungsprozesse im Körper konkurrieren – insbesondere beim Muskelaufbau.

Typischerweise kann klassisches Zone-2 Training oder intensives Ausdauertraining den Muskelaufbau bremsen, da unterschiedliche Signalwege (z. B. mTOR vs. AMPK) aktiviert werden. Eine gezielte Trainingsplanung kann den Effekt jedoch minimieren oder sogar vermeiden.

Kurz gesagt: Der Interferenz-Effekt erklärt, warum "mehr" nicht immer "besser" ist – vor allem, wenn es um das gleichzeitige Trainieren von Kraft und Ausdauer geht.

mTOR vs. AMPK – was steckt dahinter?

Der Interferenz-Effekt entsteht auf zellulärer Ebene, wenn sich die Signalwege von Kraft- und Ausdauertraining gegenseitig stören. Die zwei wichtigsten dabei sind:

mTor - Muskelaufbau-Signalweg: mTOR (mechanistic Target of Rapamycin) ist ein zellulärer Signalweg, der durch Krafttraining, mechanische Spannung und Aminosäuren aktiviert wird. Er fördert Muskelwachstum, Proteinsynthese und Hypertrophie

AMPK - Energiestoffwechsel-Signalweg: AMPK (AMP-activated protein kinase) wird besonders durch Ausdauertraining aktiviert, wenn der Energiebedarf steigt. Es verbessert den Fettstoffwechsel, die Mitochondrienbildung und die Ausdauerleistung.

Die Kollision: Warum beides nicht gleichzeitig ideal ist.

AMPK kann die Aktivierung von mTOR hemmen, da es Signale sendet, die auf Energieeinsparung und Fettverbrennung setzen – im Gegensatz zur aufbauenden Funktion von mTOR. Klassisches Zone 2 Training und intensives Ausdauertraining direkt vor oder nach dem Krafttraining kann den Muskelaufbau negativ beeinträchtigen.

Deshalb stellen wir dir im folgenden die wichtigsten Interferenz-Effekte vor, so dass du deine Trainingssteuerung noch effizienter gestalten kannst.

 

STRONG Tipp: Björn und Timo haben in der STRONG for life Folge #112 über die wichtigsten Grundlagen von A-Z im Ausdauertraining gesprochen.

 

Die wichtigsten Schlüsselprinzipien im Kraft- & Ausdauertraining

Wenn wir Studien zum gleichzeitigen Kraft- und Ausdauertraining analysieren, ist entscheidend, welche Rahmenbedingungen gegeben sind. Denn der Effekt – positiv oder negativ – hängt stark von einigen Faktoren ab:

  • Art des aeroben Trainings (Zone 2 vs. Intervallmethode)
  • Intensität des Trainings
  • Art des Krafttrainings (Hypertrophie vs. Maximalkraft)
  • Reihenfolge Kraft- & Ausdauertraining (Tageszeitpunkt)
  • Trainiert & Untrainiert

Im folgenden fokussieren wir uns vor allem auf den letzten Punkt: Trainierte Athleten vs. untrainierte Athleten.

Der Interferenzeffekt bei untrainierten Personen:

Die Studienlage ist hier sehr uneinheitlich: Einige Forscher stellten keinen Beweis für den Interferenzeffekt fest und stellten sogar bei simultan trainierenden Personen einen ähnlichen Zuwachs von Kraft und Ausdauer fest. Andere Forscher fanden hingegen heraus, dass der Kraftzuwachs bei simultanem Training deutlich beeinträchtigt ist 

Conclusion:

  • Bei untrainierten Personen ist der Interferenzeffekt eher minimal —> Es kann möglich sein, Kraft und Ausdauer (zumindest am Anfang) gleichmäßig aufzubauen.

Allerdings: Die Frequenz der Trainingseinheiten übt einen großen Einfluss auf das Ausmaß der Interferenz aus

—> eine niedrigere Frequenz von 2-3 Einheiten pro Woche zeigt nur wenig Interferenz und kann daher bei untrainierten Personen zu positiven Anpassungen bei Kraft- & Ausdauer führen.

Der Interferenzeffekt bei trainierten Personen:

Die Studienlage ist hier „eher“ einheitlich: Potentielle chronische Interferenz betrifft (eher) nicht die Hypertrophie und Maximalkraft, aber die Schnellkraft.

—> Interferenz ist zudem stark abhängig von dem Ausdauertrainingsvolumen sowie der Periodisierung (vor allem in Bezug auf Hypertrophie). Auch der Tageszeitpunkt und der Abstand zwischen zwei Einheiten scheint eine größere Rolle zu spielen. Zudem ist es empfehlenswerter nach einer längeren Ausdauer Zone-2 Einheit (60 Minuten +) eher den Oberkörper hypertrophisch zu priorisieren als die Beine.

Gut zu wissen: Die Ausdauer wird durch die Einführung eines simultanen Krafttraining nur minimal beeinträchtigt.

Zusammenfassung zwischen trainierten- und untrainierten Athleten bei einem simultanen Training:

  • Pauschal lässt sich das nicht beantworten —> unterschiedliche Einflussfaktoren, die entscheidend sind
  • Gleichzeitiges Training von Kraft & Ausdauer scheint einen positiven Effekt auf die Ausdauer zu haben, aber einen möglicherweise negativen Effekt auf den Muskelaufbau und den absoluten Kraftzuwachs 
  • Bei Anfängern wurde grundsätzlich wenig/kaum negative Auswirkung auf Ausdauer & Kraft festgestellt 
  • Bei fortgeschrittenen Athleten wiederum schon, da ein immer stärkerer Trainingsreiz für weitere Anpassungen notwenig ist 
  • Das Volumen des Trainings spielt eine große Rolle: Einmal pro Woche Ausdauer hat kaum bis keinen negativen Effekt auf den Kraft- bzw. Muskelaufbau. Bei vier Ausdauereinheiten reduziert sich die Kraft allerdings um bis zu 50%.
  • Ausdauereinheiten ab 50-60 Minuten wirken sich eher negativ auf den Kraftzuwachs aus, als Einheiten mit 20-30 Minuten

Gut zu wissen: Fokus auf Maximal- & Schnellkraft —> Training sollte VOR dem Ausdauertraining stattfinden. Dies reduziert das Potential für neuronale und metabolische Erschöpfung, reduziert die Verletzungsgefahr 

ABER - und das ist wichtig - Studien zeigen:

Die Enzyme AMPK und mTORC1 geben Anlass, dass zuerst das Ausdauertraining kommen sollte und danach das Krafttraining 

—> Das Enzym AMPK, was mTOR blockiert, wird nach erfolgreicher Erholung vom Training schnell ausgeschaltet, so dass AMPK nicht mit dem Krafttraining interferiert.

Fazit: So optimierst du dein Hybrides Training aus Ausdauer und Kraft

Durch „geschickte Manipulation“ der Trainingsvariablen können wir den Interferenzeffekt des simultanen Trainings weitestgehend reduzieren. Je fortgeschrittener ein Athlet ist, desto mehr sollte auf eine smarte Trainingsstruktur acht geben werden. Grundsätzlich empfiehlt sich folgendes:

Falls Kraft & Ausdauertraining am selben Tag:

  1. Idealerweise Abstand von 6-8h zwischen den Einheiten
  2. Lange Zone-2 Session ( > 60 Minuten) scheint sich gut mit Oberkörper Krafttraining zu kombinieren 
  3. Tempoläufe scheinen sich eher mit einem Wiederholungsbereich von < 5 kombinieren zu lassen
  4. Der größte Interferenz in Bezug auf Kraft & Muskelzuwachs: Lange Zone 2 Session ( > 60 Minuten) mit Hypertrophie Krafttraining Lower-Body.

Quelle: 

MrCarthly - Neuromuscular adaptions to concurrent strength and endurance training, 2002

Bell et al. Effect of concurrent strength and endurance training on skeletal muscle properties and hormone concentrations in humans 

Vechin et al. (2021). Interference Phenomenon with Concurrent Strength and High-Intensity Interval Training-Based Aerobic Training: An Updated Model

Hennessy L & A. Watson - The interference effect of training strength and endurance simultaneously, 1994

Rhea. M, J. Oliverson - Noncompatibility of power and endurance training among college baseball players, 2008


Über den Autor
Timo Tekolf ist Coach, Athlet und Owner der STRONGMOVE GmbH sowie Dozent der Medletics Academy. Dazu ist er Autor des E-Books "Wie uns das moderne Leben krank macht": Ein vollwertiges, wissenschaftliches und praktisches Gesundheitsbuch, mit dem Du sofort Deine Gesundheit optimieren wirst.